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Interview: 7 Fragen an Björn Matthes, Cheftrainer des SC Potsdam II (Damen) in der 2. Bundesliga Nord
BVV: Hallo Björn, die Saison 2023/24 war eine sehr intensive Saison für Dich mit vielen Höhepunkten und auch Herausforderungen. Du bist Cheftrainer der 2. Mannschaft des SC Potsdam als Ausbildungsmannschaft und zugleich für die Nachwuchsmannschaft der U 20 verantwortlich. Mit dem Erreichen des 8. Tabellenplatzes in der 2. Bundesliga Nord ist der Klassenerhalt ja aus eigener Kraft erreicht worden, eine tolle Leistung, zu der wir herzlich gratulieren!
Frage 1:
Was waren in dieser Saison die größten Erfolge für Dich persönlich und für die Mannschaft?
Björn:
Hallo Bernd, ja das stimmt, es war eine Saison mit vielen Gesichtern. Es gab die aufregenden neuen Dinge, die bewältigt werden mussten, die Schwierigkeiten, die sich manchmal daraus ergaben und für die Lösungen gefunden werden mussten, aber auch ganz viel Freude und Spaß gerade an dem, was die Mädchen sportlich geleistet haben und an dem, was das Team drum herum in dieser ersten 2.Liga Saison auf die Beine gestellt hat. Sportlich gesehen war das Erreichen des 8.Platzes in der Liga ein voller Erfolg. Das Ganze ist auch deswegen sehr positiv zu bewerten, da wir als bester Aufsteiger die Saison beendet haben. Mein persönlicher Höhepunkt war der 3:2 Sieg beim 2.Liga Meister VfL Oythe. Eine Krönung gab es dann nochmal bei der U20 DM in Saarbrücken, bei der wir einen starken 5.Platz belegen konnten und nur gegen die beiden Finalisten jeweils denkbar knapp 1:2 verloren haben.
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Frage 2:
Was waren die größten Herausforderungen und Schwierigkeiten für Dich in der letzten Saison?
Björn:
Hier gab es ebenfalls einige unterschiedliche Herausforderungen, die bewältigt werden wollten. Sportlich mussten wir uns an das Niveau gewöhnen, was uns erstaunlicherweise sehr gut gelang. Wir hatten eher mit der Konstanz unserer Leistung über die gesamte Saison zu kämpfen. Können aber, wie oben schon gesagt, mit dem Ergebnis vollends zufrieden sein. Eine andere Sache war die Herausforderung in Organisation und Durchführung der Saison mit den neuen gestiegenen Anforderungen in finanzieller Hinsicht und beim zeitlichen Aufwand. An der Stelle hatten wir tolle Förderer und die besten Helfer, die man sich wünschen kann und die uns sicher durch die Saison getragen haben.
Frage 3:
Ihr seid ja auch die Ausbildungsmannschaft des SC Potsdam und dennoch hat es aktuell keine Spielerin in den Kader der 1. BL-Mannschaft geschafft. Wie groß ist die Herausforderung für junge Spielerinnen, diesen Sprung zu schaffen?
Björn:
Tatsächlich hatten wir letzte Saison mit Sarah Stiriz eine Spielerin aus den eigenen Reihen im Bundesligakader. Leider konnte sie auf Grund einer langwierigen Verletzung nicht so mitmischen, wie wir uns das erhofft hatten.
Dennoch ist der Schritt in die Spitze der 1.Bundesliga natürlich ein gewaltiger. Allein als junge Spielerin den Zielen und Anforderungen eines Top 4 Bundesligisten gerecht zu werden, erfordert schon viel Glaube an die eigenen Fähigkeiten und an das eigene Talent. Trotzdem ist es in den letzten Jahren immer wieder gelungen Spielerinnen zu integrieren, sei es im Training oder als vollwertiges Mitglied der Mannschaft. Auch nächstes Jahr dürfen wir uns sehr wahrscheinlich wieder über eine SCP Jugendspielerin in den Reihen der Profis freuen und das zeugt schon von einer gut funktionierenden Struktur für aufstrebende Nachwuchsspielerinnen. Mit Emilia Weske haben wir übrigens sogar eine Spielerin in der aktuellen Nationalmannschaft, die ihre ersten Schritte auch bis ins Training der ersten Mannschaft beim SC Potsdam getätigt hat.
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Frage 4:
In der 1. Bundesliga spielen generell nur wenige deutsche Talente. Die deutsche Frauen-Nationalmannschaft hat auch den Anschluss an die Weltspitze verpasst. Was kann man aus Deiner Sicht in der Nachwuchsarbeit verbessern, um mehr junge Spielerinnen an das höchste Leistungsniveau zu führen?
Björn:
Uhi, das ist eine Frage, die schon sehr lange und heiß diskutiert wird. Wir haben in Deutschland im Sport mit vielen ganz unterschiedlichen Problemen zu kämpfen und ich sehe mich auch nicht als denjenigen, der ein Allheilmittel hätte, damit es volleyballerisch im weiblichen Bereich sportlich wieder durch die Decke geht. Dennoch, macht man sich natürlich hier und da seine Gedanken. Was ich sehe ist, dass sich alle Sportarten in Deutschland gerade schwertun, konstant über mehrere Jahre in der Weltspitze zu agieren. Dies kann damit zu tun haben, dass Sport nicht so gefördert wird wie die Verbände es gerne hätten, es kann aber auch damit zu tun haben, dass Leistungssport für die einzelnen Sportlerinnen aus verschiedensten Gründen nicht mehr attraktiv genug ist. Strukturelle Veränderungen könnten vielleicht dabei helfen etwas zu ändern, übersteigen aber oft die finanzielle Investitionsbereitschaft der deutschen Gesellschaft im Allgemeinen. Das erstmal ganz generell. Im Volleyball habe ich das Gefühl, dass wir international immer mal oben dabei sind. Sei es, weil gerade alles ganz gut zusammen passt oder weil wir überragende Einzelakteure in den Teams haben, die den Rest beflügeln und tragen können, wenn es sein muss. Was uns fehlt im Gegensatz zu den Topnationen ist die Kontinuität, um noch wesentlich öfter eine größere Rolle im internationalen Geschäft zu spielen. Die Gründe dafür sind vielschichtig. Aus eigener Erfahrung denke ich, dass wir uns teilweise zu sehr auf perspektivreiche physische Parameter bei der Talentsuche konzentrieren. Ich würde mir daher zumindest für den weiblichen Bereich in Deutschland wünschen, dass man ein wenig mehr die „Standards“, die man an Perspektivspielerinnen stellt, aufbricht und somit anderen Spielertypen entsprechend Spielräume eröffnet.
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Frage 5:
Welche Ziele habt Ihr Euch für die neue Saison vorgenommen?
Björn:
Es heißt nicht von ungefähr, dass die zweite Saison immer die Schwierigere ist. Also wird es für uns keine großen neuen Ziele geben. Sportlich heißt das, möglichst früh den Klassenerhalt zu sichern. Organisatorisch werden wir versuchen, weitere Partner und Helfer zu gewinnen, um unseren Zuschauer und alle Beteiligten Events auf möglichst hohem Niveau zu gewährleisten.
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Frage 6:
Im Nachwuchsbereich des SC Potsdam sind die Mädels der U 16 Deutscher Meister geworden und in der Landesauswahl des Jahrgangs 2009-10 haben die Spielerinnen des SC Potsdam entscheidend dazu beigetragen, des Bundespokal zu gewinnen. Eine Chance für die Zukunft des Spitzenvolleyballs in Potsdam? Und worin bestehen die Herausforderungen, diese Leistungen in der weiteren Entwicklung fortzusetzen?
Björn:
Ja, das ist schon wahnsinnig toll, was da von allen Beteiligten geleistet wurde. Einige der Spielerinnen waren ja schon vor zwei Jahren Deutsche Meisterinnen in der U14. Damals waren es das Trainerteam Nicole Markwart und Tino Lehwark, dieses Jahr konnten Karen Kikulski und Kristina Rübensam diesen Erfolg wiederholen. Auch an den Erfolgen in der Landesauswahl Brandenburg und bei den Schulwettkämpfen der JtfO waren viele der Mädchen beteiligt und das zeigt auf jeden Fall, dass die Mädchen wissen, wie man Turniere gewinnt. Bis zur Spitze ist es dennoch ein weiter Weg, der von jeder Spielerin selbst beschritten werden muss und am Ende gehört auch immer etwas Glück dazu. Aber klar, die Vorzeichen stehen sehr gut, dass wir die eine oder andere Spielerin mal ganz oben sehen könnten und das ist es ja, was wir uns alle für die Mädchen wünschen.
Frage 7:
Was sind Deine persönlichen Wünsche und Ziele für die neue Saison?
Björn:
Das deckt sich ziemlich genau mit dem, was wir uns für die neue Saison vorgenommen haben. Persönlich wünsche ich mir ein wenig mehr Ordnung und Ruhe, damit sich alle auf das Wesentliche konzentrieren können und das ist die sportliche Entwicklung der Spielerinnen. Toll wäre es auch, wenn das Miteinander im Vordergrund steht. Rein sportlich bin ich immer noch ganz der Spieler, da will ich das Maximum rausholen, was auch immer dann am Ende dabei herausauskommen mag.
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BVV:
Lieber Björn, wir danken Dir persönlich für Dein großes Engagement und Deinen wertvollen Betrag zur Entwicklung des Volleyballs in Brandenburg. Wir wünschen Dir und Deinen Sportlerinnen eine tolle neue Saison, in der alle persönlichen und sportlichen Ziele erreicht werden. Die Brandenburger Volleyballfamilie drückt jedenfalls immer die Daumen.
Das Interview führte Bernd Stasik, Pressewart und Vizepräsident des BVV
veröffentlicht am Dienstag, 2. Juli 2024 um 12:20; erstellt von Stasik, Bernd
letzte Änderung: 02.07.24 17:26